Wenn es um den Schutz vor Corona geht, werden Kinder und Jugendliche aktuell genauso, ja häufig strenger behandelt als Erwachsene und Senior:innen. Noch immer gibt es vor allem eine Prämisse: Infektionen müssen um jeden Preis verhindert werden. Und wenn dieser Preis Schulschließungen, Zunahme von psychischen Erkrankungen, Anstieg von familiären Problemen, Bewegungsmangel und Gewichtszunahme bedeutet, werden diese Konsequenzen als unvermeidbarer Kollateralschaden kommuniziert.
Dabei hat sich längst gezeigt: Kinder und Jugendliche sind durch das Virus an sich viel weniger bedroht als durch die Schließung von Schulen und Kitas, durch Kontaktverbote und Einschränkungen ihrer sozialen Entwicklung.
Die Impfung für Erwachsene muss Kindern und Jugendlichen erlauben, mit SARS CoV-2 zu leben wie mit anderen Lebensrisiken auch. Die Gesellschaft muss jetzt Kindern und Jugendlichen ihre Freiheit und ihre Entwicklungsmöglichkeiten zurückgeben.
Daraus ergeben sich für uns folgende Kernforderungen, die wir jetzt an die Politik stellen:
- Präsenzunterricht für alle Schüler:innen muss ebenso garantiert werden wie ein uneingeschränkter Zugang für alle Kinder zu Krippen, Kindergärten und Horten. Schulen und Kitas sind auch in der Vergangenheit nur selten als Ansteckungsorte in Erscheinung getreten . Durch die Impfung von an Schulen und KiTas tätigen Personen besteht für diese Personengruppe kein erhebliches Gesundheitsrisiko mehr.
- Hygienemaßnahmen an den Schulen und Kitas müssen verhältnismäßig sein und zeitlich begrenzt werden. So sind Massentests asymptomatischer Kinder als dauerhaftes, flächendeckendes Instrument an Schulen weder wünschenswert noch notwendig. Positivraten von 0,01% zeigen, dass die Verhältnismäßigkeit dieser Maßnahme nicht mehr gegeben ist . Auch muss die durchgehende Maskenpflicht an Schulen entsprechend dem Vorbild vieler Nachbarländer beendet werden, ein genereller Mindestabstand darf nicht wieder eingeführt werden. Maßnahmen wie regelmäßige Testungen von ganzen Kohorten oder eine erweiterte Maskenpflicht dürfen nur noch anlassbezogen, zum Beispiel bei einem Ausbruchsgeschehen in einer Einrichtung, zum Einsatz kommen.
- Kinder und Jugendliche, für die es aktuell keinen Impfstoff gibt oder für die es keine Impfempfehlung durch die Stiko gibt, müssen den gleichen Status wie geimpfte Personen erhalten. Dies muss im Besonderen auch die Regelungen zur Quarantäne betreffen. Zudem muss diese Kindern und Jugendlichen damit auch ohne die Vorlage eines negativen Testergebnisses Zugang zu allen Bereichen des öffentlichen Lebens gewährt werden.
- Risiken für Kinder und Jugendliche durch diese Pandemie müssen neu bewertet werden. Die Einschränkungen für Kinder und Jugendliche haben zu verschlechterten Bildungs-, Erwerbs- und Lebenschancen geführt. Das Wohlbefinden und die psychische und physische Gesundheit von Kindern, Jugendlichen und ihren Eltern hat erheblich gelitten, Gewalt an Kindern hat zugenommen, soziale Ungleichheiten haben sich vertieft. Diese Schäden müssen anerkannt und klar kommuniziert werden. Strategien zur Milderung dieser Schäden müssen entwickelt und umgesetzt werden. Dazu müssen Vertreter:innen der Kinder- und Jugendärzt:innen und Psycholog:innen ebenso gehört werden wie Bildungsexpert:innen und Fachkräfte für die soziale Entwicklung von Kindern und Jugendlichen.