Nach einem Jahr hat es auch die Leopoldina geschafft, die Situation von Kindern und Jugendlichen in den Blick zu nehmen. Das begrüßen wir – auch wenn wir uns so eine Stellungnahme deutlich früher gewünscht hätten.
Was fordern die Wissenschaftler:innen?
- Schulen sollen mit geeigneten Schutzmaßnahmen offen bleiben – und zwar im Präsenzbetrieb
- der Ausbau der digitalen Infrastruktur sollte mit entsprechenden Schulungen für das Bildungspersonal gekoppelt werden
- mehr Sprachförderung in Kitas
- Grundschulen sollen insbesondere die Defizite in Deutsch und Mathematik aufholen
- mehr Informationen zu Förderangeboten
- mehr Bewegungsförderung
- Pädagog:innen sollen für das Auftreten der seelischen Probleme sensibilisiert werden
- mehr Maßnahmen in der Kinder- und Jugendhilfe und bei der Behandlung psychischer Störungen
Einige wichtige Punkte:
- Kinder und Jugendlich brauchen ihre Umwelt, z. B. ihre Peer-Group. Bildung ist nicht immer nachholbar – es gibt “Plastizitätsfenster” in der kindlichen Entwicklung, die sich öffnen und auch wieder schließen.
- Und so banal es klingt: Fähigkeiten bauen aufeinander auf. Nicht alle Kinder sind gleichermaßen negativ betroffen – das hängt, wie so vieles, von der Ausgangssituation ab.
- Die Auswirkungen der Coronapandemie treffen besonders Kinder und Jugendliche in sowieso schon schwierigen Lebenssituationen.
Die Auswertungen verschiedener Studien, die die Leopoldina zusammenfassen, ist nichts für schwache Nerven – trotzdem: Leseempfehlung!
Ein paar Zahlen gefällig?
- Bewegten sich im ersten Lockdown die Kinder und Jugendlichen noch 146,8 Minuten pro Tag, so schrumpfte diese Zahl auf 62,2 Minuten im zweiten Lockdown.
- Mehr als 25% der Schülerinnen und Schüler hatten bereits vor der Corona-Pandemie am Ende der vierten Klasse so geringe Fähigkeiten im mathematisch-naturwissenschaftlichen Bereich, dass sie vermutlich große Probleme in der weiterführenden Schule haben werden. Tja, ein Jahr mit Schule im On/Off-Betrieb wird das wohl nicht verbessert haben.
- 39% der Kinder und Jugendliche sagten, dass sich ihre Freundschaften verschlechtert hätten.
Tatsache ist: Wir hatten schon vor der Corona-Pandemie eine Krise des Bildungssystems und in den Bereichen, die Kinder und Jugendliche betreffen. Die Corona-Pandemie hat sie nur verschärft.
Wir fordern: Die Politik muss deshalb jetzt handeln und sich nicht darauf verlassen, dass nach dem Sommer schon vielleicht irgendwie auf wundersame Weise alles gut sein möge. Noch so ein Schuljahr ist unzumutbar.